Musikalische Gemeinwesenarbeit

Im forum erwachsenenbildung (Ausgabe 4/2014) bin ich auf einen anregenden Artikel von Julia Koll gestoßen über die „Perspektiven kirchenmusikalischer Erwachsenenbildung“. Was das mit dem Thema dieses Blogs zu tun hat? Einiges. Aber ich muss einen absatzlang ausholen.

Gegenwärtig scheint es in der Kirchenmusik einen gewissen Turn zu geben, „Musik nicht nur als musikalischen Text zu verstehen, sondern vor allem als Musizieren“ (S. 29). Und das gemeinsame Musizieren lässt sich natürlich auch als Bildungsgeschehen verstehen – in kultureller, kognitiver, emotionaler, körperlicher, kommunaler, sozialer, religiöser und kirchlicher Hinsicht. Eine Gefahr kirchenmusikalischer Praxis besteht allerdings darin, Bildungsschranken eher zu verstärken als abzubauen. Denn auch wenn es anders gewollt ist – de facto begünstigen kirchliche Angebote oft Exklusionsmechanismen. Und so stellt Julia Koll am Ende ihre Artikels eine interessante Frage:

Noch viel stärker als bisher könnten allerdings auch produktive Verbindungspunkte zwischen Erwachsenenbildung und musikalischer Gemeinwesenarbeit geschaffen werden – von beiden Seiten aus. Wer spricht gegenwärtig schon von kirchenmusikalischen Potenzialen für die kirchliche Weiterbildungs-, Sozial- und Diakoniearbeit? Bekäme der Bildungsauftrag der Kirchen dadurch nicht einen ganz neuen Klang, einen lebendigeren und gerechteren? (S. 33)

Welches Potenzial hat die Kirchenmusik das Kirchenmusikmachen für die Diakonie? Und wie könnte eine Verbindung von Musikmachen und Gemeinwesenarbeit aussehen? Je nach Blickwinkel kommen mir sehr unterschiedliche Projekte in den Sinn. Diese sind noch keine Antworten auf die genannten Fragen, ab vielleicht sind es erste Anregungen…

Beginne ich meine Suche bei den Kirchengemeinden, fällt mir auf, dass es Gemeinden mit musikalischem Schwerpunkt gibt, die fast schon richtige Musikschulen betreiben. Gute Sache. Ihren Bezug zum Gemeinwesen könnte sie durch eine Entwicklung zum „Jeki-Ritter“ noch deutlich stärken.

Hier können Kirchengemeinde in guter Art und Weise ihren Bildungsauftrag, gemeinwesenorientiertes Engagement, kulturelle Teilhabeförderung und die Pflege der eigenen Tradition miteinander verbinden. Und vielleicht entstehen ja auch genau in dieser Hinsicht durch die Initiative Vision Kirchenmusik der Hannoverschen Landeskirche gute Projekte.

Ganz andere Ideen kommen mir in den Sinn, wenn ich nicht von der Kirchengemeinde her denke, sondern vom Gemeinwesen selbst, vom Quartier, Stadtteil, Veedel oder Kiez. Dann geht es natürlich nicht ums Kirchenmusik-Musizieren. Sondern ums Community Singing beispielsweise. Ob das in Deutschland tatsächlich ein (kommender?) Trend ist, kann ich nicht sagen. Aber es passt durch seinen zielgruppenübergreifenden Ansatz wunderbar zur Gemweinwesenorientierung. Schöne Beispiele hier in Köln sind die Initiative Loss mer singe oder das Kneipensingen wie der Singende Holunder.

Ob das schon musikalische Gemeinwesenarbeit ist? Zumindest lohnt es sich bestimmt, in diesen Richtungen zu suchen und weiterzudenken.

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