Archiv der Kategorie: Kampagnen

Weiter auf der Wolke

Mir geht die Sache mit der Diakonie-Kampagne immer noch nach. Und ich überlege, was es genau ist, das mich so beschäftigt.

Die Kommentare des Diakonie-Campaigners im ersten Blogbeitrag und der Text vom Diakonie-Präsidenten auf dessen Blog lassen bei mir sehr viele Fragen offen. Aber ich will jetzt kein Rechthabenwollen-Pingpong in den Kommentaren hier oder dort spielen. Das bringt nix. Deshalb dieser zweite Artikel, bei dem es mir ausschließlich ums Grundsätzliche geht.

Eine Vorbemerkung: Ich bin kein Campaigner, kein Fundraiser, kein Öffentlichkeitsarbeiter. Ich bin diesbezüglich nicht vom Fach. Aber seitdem ich als kleiner Junge Werbung guckte, liebe ich sie. Und später im Kino war ich nicht nur ein Abspannsitzenbleiber, sondern auch ein Werbungsvorspanngenießer. Will sagen: Rezeptionsästhetisch bin ich sehr wohl vom Fach.

Man kann (eigentlich) nicht nicht politisch sein.

Erschrocken bin ich über den Ansatz, dass der Diakonie Bundesverband seit Jahren völlig unpolitische Jahreskampagnen fährt. Denn eigentlich kann man nicht nicht politisch sein – jedenfalls nicht als großer Sozialverband. Unpolitisch zu sein ist somit – ungewollt – auch eine politische Aussage.

Gerade das Care-Thema ist ein hochpolitisches: Die Neudefinition des Pflegebegriffs. Die Finanzierbarkeit der Sozialsysteme und die damit verbundenen Fragen der Generationengerechtigkeit und der Geschlechtergerechtigkeit. Die Entlohnung des Pflegepersonals. Die gesellschaftliche Anerkennung von Pflegearbeit. Die völlig ungeklärte Frage, was mit den steigenden Zahlen an demenzerkrankter Menschen auf uns alle zukommen wird.

Es gibt wohl kaum ein Thema, das politisch so (auf)geladen ist wie die Pflege. Das heißt nicht, dass immer jede Aussage zu dem Thema ein politisches Statement sein muss. Nein, muss es nicht. Aber wenn eine Jahres(!)kampagne(!) eines der größten (!) Sozial(!)verbände des Landes eine Botschaft hat, die ungefähr in die Richtig geht wie „Natürlich ist es hart, aber das wird durch ein Lächeln entloht“, dann ist das eben nicht nicht politisch. Denn es ist nicht die Aussage der Mitarbeiterin XY (die selbstverständlich diese Meinung vertreten kann!), sondern es ist die Aussage der Diakonie-Kampagne.

Das Thema der Diakonie ist sie selbst

Was zum Kuckuck ist die Botschaft der Kampagne? Dass eine Hebamme den Job macht, wie eine Hebamme ihren Job macht? Dass ein Erzieher in einer Kita so arbeitet, wie man sich die Arbeit eines Erziehers in der Kita vorstellt? Dass man einen Einblick bekommt, wie eine Werkstatt für behinderte Menschen aussieht, egal welchen Trägers?

Ich erkenne folgende Botschaft: Die Diakonie hat verschiedene Arbeitsfelder, dort arbeiten Diakonie-Mitarbeitende und die machen einen tollen Job. Ja, das stimmt alles drei. Und?

Was ist das Thema der Diakonie-Kampagne? Die Diakonie selbst.

Thema sind nicht die Klienten, Nutzer oder Patienten. Sie sind Staffage (und stören zum Glück auch nicht großartig). Thema ist auch nicht ein gängiges Hilfeverständnis (Ermöglichung von Teilhabe, Kampf für eine inklusive Gesellschaft etc.). Und Thema ist schon gar nicht, strukturell oder gesellschaftspolitisch etwas voranzubringen.

Stattdessen sollen die Mitarbeitenden gewürdigt und in den Mittelpunkt gerückt werden. Ich bin der Letzte, der das nicht will! Aber dafür wäre wohl ein Rudigramm passender. Und in einer Image-Kampagne wünsche ich mir Aussagen, die nicht ausschließlich auf die Helfer fokussieren (jedenfalls nicht jahrelang!), sondern auf den Sinn, warum es diesen Verband gibt.

Die Sache mit der AuthentizitätTM

Authentizität ergibt sich für mich nicht automatisch dadurch, dass „echte Mitarbeiter“ in der Kampagne vorkommen. Sondern einzig und allein, ob die Botschaft authentisch ist. Der in dem Kampagnenvideo vorgeführte Pflegealltag ist beispielsweise völlig unauthentisch – auch wenn es von einer „echten“ Mitarbeiterin, in einer „echten“ Einrichtung mit „echten“ Klienten „in echt“ so gemacht wurde.

Eines ist wichtig: Mir geht es überhaupt nicht um die in den Kampagnenvideos gezeigten Mitarbeiter. Deren Arbeit kann und will ich nicht beurteilen. Ich habe schließlich nur ein Werbefilmchen gesehen, nicht deren Arbeit. Aber die Botschaft dieses Videos kann ich sehr wohl beurteilen. Ich kritisiere an dem Pflege-Video, wie die diakonische Arbeit dargestellt wird, welche Art von Fachlichkeit durch die Gesamtkomposition des Videos vermittelt wird. Ich sage nicht, dass die Pflege-Mitarbeiterin kitschige Arbeit macht. Ich sage aber sehr wohl, dass die Diakonie mit dem Video ganz großen Kitsch abliefert. Das hat mit den Mitarbeitern nur bedingt etwas zu tun. Doch sie hängen jetzt mit drin, mit Klarnamen.

Und wenn zum Beispiel der Mitarbeiter aus dem Spot von der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen zum Schluss des Videos zwischen behinderten und normalen Menschen unterscheidet (wenn auch „in Anführungszeichen“), dann wäre es falsch, diesen Mitarbeiter darauf festzulegen. Niemand redet druckreif. Es ist einzig und allein die Verantwortung der Diakonie, dass dies so über den Äther geht. Es ist ihre Absicht, dies so darzustellen und solche Aussagen zu prägen.

Was sie über die „Authentizität“ hinaus damit beabsichtigt, weiß ich nicht. Aber ich sagte ja bereits, dass sich mir der Sinn der Kampagne nicht erschließt.

Imagekampagnen eines Wohlfahrtsverbands: Was soll das?

Mein größtes Unverständnis bei den Diakonie-Kampagnen ist, wie man die Chancen, die eine Jahreskampagne bietet, damit verspielt, sie als Imagekampagne aufzuziehen. Und das seit Jahren! Wie bereits angedeutet, gefällt mir sehr gut, dass die Caritas Jahr für Jahr thematische Kampagnen fährt (und immer drei davon haben sogar noch ein Meta-Thema, hach!).

Dass einzelne diakonische Einrichtungen Werbefilme drehen und Imagekampagnen machen, ist nachvollziehbar. Genau dort gehört das auch hin. Sie bieten soziale Dienstleistungen an und können sich überlegen, ob sie Werbung machen wollen oder nicht. Jede einzelne Einrichtung kann sich überlegen, welches Image sie beförden möchte, ob sie sich eher altbacken oder progressiv geben möchte, was sie nach vorne und was sie nach hinten rücken möchte. Das kann niemand anderes als sie selbst. Sie sind sogar frei in der Entscheidung, ob sie gute oder schlechte Werbung machen wollen.

Der Bundesverband hat aber eine ganz andere Aufgabe, er ist ja gerade nicht Anbieter von sozialen Dienstleistungen. Er ist gesellschaftlicher und politischer Akteur – im Gegensatz zu den einzelnen Einrichtungen, die – mehr oder weniger – Marktakteure sind. Vielleicht bin ich jung und naiv, aber ich sehe die Existenzberechtigung des Diakonie-Bundesverbandes darin begründet, dass er Themen setzt, politisch interveniert, Druck macht, zivilgesellschaftlich mobilisiert und aktiviert, brennende Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens nach vorne treibt. Das sind alles Aufgaben, die wunderbar mit tollen Kampagnen begleitet werden könnten. Aber vielleicht bin ich ja wirklich naiv. Vielleicht ist es ja eine Satzungsaufgabe, Werbung für verschiedene Arbeitsfelder von Mitgliedsorganisationen zu machen.

Nun macht die Diakonie Deutschland anscheinend nicht nur Image-Jahreskampagnen, sondern auch thematische Kampagnen. Ich habe extra nicht gegooglet, sondern ein paar Tage nachgedacht: Ich kann mich an keine einzige erinnern. Sie scheinen nicht sehr auffällig gewesen zu sein. Und das liegt nicht an meinem Gedächtnis. Ich weiß ja sogar noch, wer Ulricke Jokiel ist. Und so etwas bräuchte ich mir wirklich nicht zu merken.

Okay, die Diakonie spielt nicht in derselben Liga wie beispielsweise ein Zentrum für politische Schönheit, das ist mir schon klar. Andererseits: Warum eigentlich nicht?

tl;dr
ach

UPDATE 2015-01-31 Holger Pyka hat sich auf meinen Beitrag „Alles Wölkchen“ bezogen und ist der Frage nach kirchlichen Image-Kampagnen nachgegangen. Sehr lesenswert! Ich verlinke ihn in diesem Beitrag von mir, weil ich hier (wie Holger dort) etwas ausführlicher über Kampagnen-Arbeit nachdenke.

Alles wölkchen

Mannomannomann, ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll.

Vielleicht hier: Warum rege ich mich eigentlich auf? Ich glaube, weil mir die Diakonie irgendwie am Herzen liegt und ich schon eine gewisse Identifikation mit diakonischer Arbeit habe. Mit dem, was das Ganze soll.

Worum es geht? Um die neue Image-Kampagne der Diakonie.

Mit ihren Kampagnen hat die Diakonie selten ein glückliches Händchen bewiesen. Aber jetzt übertrifft sie sich noch einmal selbst. Drei Videos der Kampagne sind online. Sie stellen den Arbeitsalltag in einer Kita, einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen und einem Nagelstudio Pflegezentrum dar.

Hier einmal das Video zum Pflegezentrum:

Das Bild, was ich von Pflege habe, unterscheidet sich fundamental von dem Kitsch, der in dem Imagefilm serviert wird. Ich habe gerlernt: Die Hauptaufgabe einer Pflegefachkraft ist Fotos anschauen und Nägel lackieren. Vor allem Nägel lackieren! Das ist so wesentlich, dass in dem Dreiminüter acht Sequenzen damit gefüllt werden: 0:01; 0:19; 0:30; 0:39; 1:03; 1:59; 2:21; 2:40.

An dieser Stelle muss die Diakonie doch auch ihre Mitarbeitenden schützen. Es ist zwar schön, dass die Protagonistin viel lacht, aber das, was fachlich rüberkommt, ist an Naivität kaum zu überbieten. Die junge Frau wird völlig vorgeführt.

Die anderen beiden Spots sind ganz okay. Okay im Sinne von nicht peinlich. Aber reicht okaysein für Kampagnenarbeit?

Ich frage mich, warum seit Jahren immer das gleiche Kampagnenschema gefahren wird: Die Diakonie hat verschiedene Arbeitsfelder und die Leute da sind nett. Das ist die Botschaft.

Warum gibt es keine thematischen Kampagnen (wie bei der Caritas)? Warum gibt es keine Fokussierung auf aktuelle gesellschaftliche Probleme (wie bei der Caritas)? Und warum gibt es einfach keine guten Kampagnen (wie bei der Caritas)?

Eine Antwort habe ich auf diese Fragen: Die Diakonie nennt das Ganze richtiger Weise ja eine Imagekampagne der Diakonie. Es soll also gar nicht um Agenda Setting, Themenmanegement, politische Positionierung, inhaltliche Substanz und gesellschaftlichen Diskurs gehen. Es soll einfach das Image der Diakonie aufgehübscht werden.

So kann man natürlich auch den gesellschaftlichen und kirchlichen Auftrag verstehen, den man hat.

Ich geh dann mal zur Diakonie rüber und lass mir die Nägel machen.

tl;dr
Alles wölkchen in der Diakonie.

P.S.: Hintergrund zu den Caritas-Kampagnen gibt es hier.

UPDATE 2015-01-28: Ich habe noch ausführlicher zur Kampagne gebloogt.

Glaubenssätze

Seit einigen Tagen ist die neue Image-Kampagne der Diakonie am Start. Sie hat den Titel In der Nächsten Nähe und läuft in diesem und im kommenden Jahr.

„Sie zeigt, was Diakonie glaubwürdig und wesenhaft ausmacht und zwar jenseits aller tagespolitischen Bezüge und Diskussionen. Dazu wurden die Menschen befragt, die Diakonie im Alltag in den vielen bundesweiten Einrichtungen, Diensten, Verbänden und Unternehmen verkörpern: die Mitarbeitenden.“

Damit hebt sie sich deutlich von der Kampagne Mitten im Leben (2007/2008) ab, in der die Mitarbeitenden schematisch und schemenhaft im Hintergund blieben. Dass die Mitarbeitenden nun in dieser Deutlichkeit nach vorn rücken, ist gut und angemessen. Gleichzeitig stehen sie aber nicht im Vordergrund, die fünf Motive stellen die Beziehung zwischen den abgebildeten Menschen dar. Das ist stimmig.

„Glaubwürdigkeit ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Stichwort für die neue Kampagne: Die Kampagne gewährt reportageartige Einblicke in Arbeitsfelder der Diakonie, sie zeigt tatsächliche Mitarbeitende, wirkliche betreute Menschen, wahre Beziehungen, reale Örtlichkeiten und echte Gefühle. Teilweise arbeiten die abgebildeten Menschen auf den Plakaten seit Jahren zusammen. Nichts an dieser Kampagne ist in irgendeiner Weise künstlich, beschönigt oder gestellt, nicht einmal die Zitate, die nur sprachlich geglättet wurden.“

Und die fünf Zitate gefallen mir wirklich gut. Sie lauten:

„Ich glaube, kein Lebensabend sollte dunkel sein.“

„Ich glaube, dass Glück keine Behinderung kennt.“

„Ich glaube, dass Heimat im Herzen beginnt.“

„Ich glaube an die Stärken der Schwächsten.“

„Ich glaube, dass Menschlichkeit das wertvollste Medikament ist.“

Komplexes einfach rüberbringen ist eine hohe Kunst. Und wie will man deutlich machen, dass Diakonie etwas mit Glauben zu tun hat, ohne ein Kreuz aufzuhängen oder eine Bibel ins Bild zu rücken? Schwierig. Hier gelingt es auf subtile Art. Es gibt keine religiösen Symbole auf den Motiven (um nicht falsch verstanden zu werden: Ich mag religiöse Symbole, sehr sogar, aber auf inszenierten Motiven wirken sie oft deplaziert und aufdringlich). Stattdessen Glaubensaussagen: Jedes Statement beginnt mit „Ich glaube…“.

Die Glaubensaussagen beziehen sich auf den konkreten Kontext der diakonischen Arbeit. Auch das ist gut, denn es gibt kein allgemeingültiges, auf alle Arbeitsfelder zutreffendes diakonisches Profil. Diakonisches Profil ist immer kontextabhängig, Diakonie entsteht im Handeln und Deuten, also konkret. Schaut man sich die Sätze genauer an, merkt man, wie gehaltvoll sie sind (und dass sie gut formuliert sind). Induktive Theologie – das ist in meinen Augen genau der richtige Ansatz, „diakonisch“ Theologie zu treiben.

Woran glaube ich eigentlich in meinem diakonischen Handeln? Von welchen Glaubenssätzen lasse ich mich leiten? Was wirkt da tief in mir drin, das letztlich meine Fachlichkeit bestimmt? Mentale Modelle sind immer stärker und wirkmächtiger als Fachkonzepte und Einrichtungsleitbilder. Das Ganze ist daher für mich nicht nur eine Plakatkampagne, sondern stellt auch eine didaktisch gute Idee dar, die man leicht aufgreifen kann: Einfach mal die Mitarbeitenden fragen, woran sie glauben und welche Bedeutung dies für ihre Arbeit hat.

Daher finde ich es schade, dass man diese fünf Aussagen rahmt, sie wieder einfangen will mit dem doch recht pastoral anmutenden Vers „In der Nächsten Nähe“. Ich verstehe, dass eine Kampagne einen Claim braucht. Aber die zitierten Glaubensaussagen der Mitarbeitenden gehen über das Motiv der Nähe weit hinaus. Da haben wir dann doch wieder ein deduktives Theologietreiben. Und das geht so: Diakonie ist Nächstenliebe – und deshalb suchen wir jetzt mal Aussagen, die zu Nächstenliebe passen. Das, was man dann gefunden hat, ist komplexer und tiefgründiger als „Nähe“ und „Zuwendung“. Man tütet es dann aber theologisch („Nächstenliebe“) bzw. marketingmäßig („In der Nächsten Nähe“) wieder ein.

Und noch eine Sache sollte man überdenken: Warum hat man für die Plakatreihe vier weibliche und einen männlichen Mitarbeitenden gewählt? Nun, man könnte darauf antworten, dass dieses quantitative Verhältnis exakt der Situation in der Diakonie entspricht (siehe hier, S. 10). Ungeschickt finde ich das trotzdem. Und was sagen wir dazu, dass der männliche Mitarbeiter – natürlich – über den höchsten Bildungsabschluss verfügt? Irgendwie nicht so richtig durchgegendert…

Trotzdem ist es eine gute Kampagne.

Siehe auch meinen Kommentar Endlich mehr Männer und meine Beiträge in der Rubrik „Kampagnen“.

Was ist Diakonie? (#7)

Die Diakonie greift das diesjährige Thema „aktives Altern“ des Europäischen Jahres auf und macht es zu ihrem Jahresthema. Um ganz genau zu sein heißt es: „Europäisches Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen“

Das ist jetzt nicht unbedingt poetisch, und so hat der Diakonie-Bundesverband das Thema in eigene Worte gefasst und ist bei „Altern in der Mitte der Gesellschaft“ gelandet. Sprachlich auf jeden Fall ein deutlicher Fortschritt, mir erschließt sich nur nicht ganz, worauf sich die „Mitte“ bezieht.

Aber es gibt noch einen Slogan, der das Jahr begleiten wird und es inhaltlich auf den Punkt bringt: „Aus dem Leben schöpfen. Für mich und für andere“

Das ist doch mal ein richtig guter Slogan. Drei kurze Anmerkungen dazu:

Meine erste Assoziation war „aus dem Vollen schöpfen“. Steht da aber nicht, es heißt: „aus dem Leben schöpfen“. Aber natürlich schwingt „aus dem Vollen“ mit – das ist geschickt. Diakonie operiert oft in der Logik des Mangels (verständlicher Weise), so etwas wie Fülle kommt eher selten vor.

Dann das Wort „schöpfen“. Erst einmal ist das  (Ab)Schöpfen gemeint, wie man mit einem Gefäß im Brunnen Wasser schöpft. Hier wird aus dem Leben geschöpft, wohl vor allem aus den Erfahrungen des eigenen Lebens. Gleichzeitig ist Schöpfen natürlich nah am Erschaffen („Schöpfung“). Ich bediene mich nicht nur einer Ressource meines bisher gelebten Lebens und setze sie ein (das wäre ein recht technisches Verständnis), sondern ich schöpfe etwas: ich schaffe, ich erschaffe.

Und drittens klingt dieses „für mich und für andere“ recht unverkrampft. Ich höre da nicht sofort den moralischen Appell heraus. Es geht um zwei Seiten: es geht um mich und es geht um andere. In der Diakonie hat man manchmal einen Teil etwas überbetont. Beide Seiten des Engagements werden genannt. Das ist gut.

Und warum poste ich diesen Beitrag in meiner kleinen Was ist Diakonie-Reihe? Weil dieses Motto nicht nur etwas mit „aktivem Altern“ zu tun hat. Im Grunde ist das eine Umschreibung für diakonisches Tun generell, wenn auch mit einem speziellen Zugang.

Was ist Diakonie? Aus dem Leben schöpfen. Für mich und für andere.

Schön.

Endlich mehr Männer

Auf dem Heimweg gestern staunte ich nicht schlecht, als ich an diesem Plakat vorbei radelte. Was daran besonders ist? Nun, es ist ein Werbemotiv für ein diakonisches Unternehmen, auf dem ausschließlich Männer abgebildet sind. Zumindest für Bethel ist das ungewöhnlich, und ich halte es für erwähnenswert.

Die von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel starten jährlich eine Großflächenplakat-Kampagne mit ihrem Claim „menschlich. Bethel“, mittlerweile zum dritten Mal. Dem gendergeschulten Auge fällt sogleich auf: Auf den Motiven der ersten beiden Staffeln der Jahre 2009/2010 und 2010/2011 sind fast ausschließlich Frauen abgebildet. Da diese Plakate immer zur Weihnachtszeit geklebt werden, also just dann, wenn die Spendenbereitschaft am höchsten ist, wird die Bildauswahl sehr bewusst getroffen sein. Da müssen Bild und Botschaft passen.

Und wie kann man Menschlichkeit am besten bebildern, visuell gut rüberbringen ohne viele Worte? Doch wohl am besten mit Frauen. Menschlich, nah, zuwendend, sozial, weiblich. Das gehört von Natur aus quasi in eine Reihe.

Genau dieses Image wird in Pflege und Sozialer Arbeit immer wieder kritsiert. Zu recht.

Nun ist anscheinend der Genderbeauftragte aus dem Urlaub zurück und es gibt in der dritten Staffel das erste männerdominierte Motiv. Noch dazu ein richtig gutes. Danke, Jungs.

Was ist Diakonie? (#6)

„Was ist die Diakonie?“, so der Titel eines neuen Videos des Diakonie-Bundesverbands zum Selbstverständnis der Diakonie.

Ich gebe zu, dass ich nach dem pathosschwelgenden letzten Diakonie-Video, einem preisgekrönten Fernsehspot, etwas skeptisch war (mein Kommentar dazu hier). Aber dies ist ein gut gemachtes Video. Es kommt recht unaufgeregt daher, läuft nicht in die Falle der Betroffenheitsheischerei, die angedeuteten Hilfeverständnisse – wie begleiten, unterstützen, da sein – sind angemessen und die Menschen, die ihre Statements abgeben, kommen gut rüber. Etwas schade finde ich allerdings, dass zu Beginn des Beitrags die gesellschaftspolitische Dimension der Diakonie zwar genannt wird (auch die Ursachen der Not zu beheben), im Video dann aber gar nicht zu entdecken ist.

Aber zurück zum Titel der Videos: Was ist denn nun Diakonie? Der Beitrag bietet zwei programmatische Sätze zu eben dieser Frage.

Der eine lautet:

„Diakonie ist gelebte Nächstenliebe“ (Statement Stockmeier und Schlusssatz)

Und der andere:

„Diakonie ist die Soziale Arbeit der evangelischen Kirche“ (2’00)

Interessant ist, dass diese beiden Sätze auch programmatisch für die beiden historischen Strömungen der organisierten Diakonie in Deutschland stehen, nämlich der Inneren Mission und dem Evangelischen Hilfswerk (ganz, ganz kurz hier). Das Diakonieverständnis der Inneren Mission setzte bei theologischen Begründungen deutlich auf die Frömmigkeit (dazu passt „gelebte Nächstenliebe“), das Hilfswerk legitimierte sich theologisch über seine Kirchlichkeit. Ich weiß nicht, ob hier bewusst eine historische Anspielung liegen soll, ich vermute es aber eher nicht. Aber es ist trotzdem interessant, wie der Beitrag mit diesen beiden Programm-Aussagen umgeht: „Gelebte Nächstenliebe“ wird in den Vordergrund gestellt, „Soziale Arbeit der Kirche“ wird lediglich einmal genannt.

Das Problem diakonie-theologischer Begründungen via Nächstenliebe ist meines Erachtens, dass Nächstenliebe ohne weitere Einbettung, Abgrenzung und Zuspitzung letztlich ein Alles-und-Nichts-Begriff ist. Ich weiß nicht, ob er wirklich etwas (er)klärt. Ich frage mich auch, ob dies tatsächlich der Wirklichkeit diakonischer Einrichtungen entspricht (sprich: Ist Nächstenliebe wirklich der zentrale Beweggrund der gegenwärtigen Diakonie?), aber das ist Ansichtssache. Zudem: Es geht um das Selbstverständis der Diakonie, also um eine normative Zuspitzung, nicht um eine Selbstbeschreibung. Und ein dreiminütiges Video ist kein theologisches Seminar. Hier steht vielmehr eine positiv besetzte Botschaft im Vordergrund.

Das zweite Identitätsstatement „Diakonie ist die soziale Arbeit der Kirche“ klingt wesentlich nüchterner. Auch hier mag es kritische Stimmen geben, nämlich dass es nur eine funktionale Zuordnung beschreibt (= soziale Arbeit der Kirche) und keine inhaltliche Aussage trifft. Aber in meinen Augen ist der Satz gut, gerade weil er einfach ist. Es ist auch der Satz, der neuerdings immer wieder auf Plakaten und in Broschüren des Diakonie-Bundesverbandes genutzt wird, quasi als „Kurz-und-knapp-Definition“. Außerdem eröffnet er die Möglichkeit, genauer nachzufragen: Was ist denn eigentlich „sozial“, „evangelisch“ oder „Kirche“? Vor diesem Hintergrund ist es allerdings schade, dass dieser Satz im Beitrag genannt wird, Kirche aber faktisch nicht vorkommt.

In uns allen ist Diakonie

Beim Recherchieren im Netz bin ich über eben diesen Slogan gestolpert: In uns allen ist Diakonie. Dieser Satz kommt vielleicht unscheinbar daher, aber er hat es in sich.

Er gehört zur Jahreskampagne 2011/2012 der Diakonie Bayern. Der Hintergrund ist recht nüchtern: Es geht natürlich um den kommenden Fachkräftemangel, und hier setzt man mit der Aussage an, dass eben in jedem Diakonie ist. Ganz pragmatisch gedacht.

Aber das ist es nicht nur. Denn der Satz ist wirklich gut, ob nun mit oder ohne Fachkräftemangel. Mir gefällt die Aussage. Und sie ist im Bereich der Diakonie auch recht untypisch, denn in der Regel werden Botschaften zu Hilfefeldern oder Betroffenengruppen kundgetan. Hier wagt man sich mit dieser Aussage zu einer der Kernfragen diakonischer Identität vor.

Wo ist denn nun Diakonie? Wo entsteht Diakonie? In uns, sie steckt in uns drin. Sicherlich nicht nur, aber auch.

Es gibt eine Postkartenserie zu dieser Kampagne, die weitere Facetten von dem benennt, was in uns steckt: In uns allen ist – und dann folgen: Freude, Gerechtigkeit, Glaube, Hoffnung, Humor, Kreativität, Leidenschaft, Liebe, Mitgefühl, Mut, Nächstenliebe, Tatendrang, Vertrauen oder Zorn. Ist auch in uns allen drin, wie Diakonie. Oder andersrum formuliert: Diakonie ist vielleicht eben gerade dieses Gemisch in uns aus – zum Beispiel – Tatendrang, Zorn und Hoffnung.

Kampagnen- und Teilhabefähigkeit

Die Caritas haut eine geniale Kampagne nach der anderen raus, Respekt! Seit Jahresanfang läuft nun mit „Kein Mensch ist perfekt“ die dritte Caritas-Kampagne der Teilhabeinitiative.

Der Deutsche Caritasverband (DCV) widmet sich von 2009 bis 2011 verstärkt dem Thema Teilhabe-Gerechtigkeit. Dazu gibt es drei Jahreskampagnen: Menschen am Rande (2009), Menschen im Alter (2010) und Menschen mit Behinderungen (2011). Aber anstatt nun betroffenheitsheischend die Benachteiligungen in den Vordergrund zu rücken, werden Teilhabemöglichkeiten und -schwierigkeiten zum Thema gemacht. Es geht dann nicht mehr um Obdachlose, sondern um die „sozialen Manieren“ in der Gesellschaft. Es geht dann nicht mehr um alte Menschen, sondern um die „Experten fürs Leben“. Es geht nicht mehr um behinderte Menschen, sondern um die Frage nach einem perfekten Leben.

Die Kampagnen wollen natürlich in die Gesellschaft hinein wirken, aber auch in die eigenen Einrichtungen:

„Die Caritas möchte sowohl die Öffentlichkeit als auch den eigenen Verband für das Teilhabe-Thema gewinnen. […] Es gilt, Teilhabe als strategisches Ziel in allen Einrichtungen und Diensten der Caritas zu verankern – und sie auf vielfältige Art zu verwirklichen.“

Und damit überwindet die Caritas den bei Wohlfahrtsverbänden oft zu hörenden Doppelansatz von „individueller Notlinderung“ und „struktureller Notbekämpfung“, von „Therapie“ und „Politik“, von Verhaltensänderung auf der einen und Verhältnisänderung auf der anderen Seite. Es kommt nämlich eine dritte Dimension hinzu: die Änderung der eigenen Organisationen. Um Teilhabe-Förderer zu werden, müssen sich die Wohlfahrtsorganisationen selbst verändern, sie müssen sich zu Teilhabe-Agenturen entwickeln.

Dazu gehört es bei der Caritas, jede Kampagne mit einem eigenen Blog zu unterstützen. Einfach mal ein bisschen Zeit nehmen und zum Beispiel hier stöbern. Gut, dass es sie gibt, die Caritas.

edit 2011-11-27: Nach dem Relaunch der Caritas-Seiten habe ich die Links wieder aktualisiert…

Social-Spots

An dieser Stelle einmal alle (mir bekannten) Social-Spots von Diakonie und Caritas hintereinander. Pardon: untereinander. Ohne Kommentar – es kann sich ja jeder selbst ein Bild machen…

Armut trifft vor allem Kinder (DW-EKD) Benachteiligung durch Armut

Ein Wintermärchen (Diakonie Düsseldorf) Obdachlosigkeit

Krystina (DW-EKD) Menschenhandel und Zwangsprostitution

Et voilà… die Spots aus dem Hause Caritas

Sprechende Wohnung (Caritas Deutschland) Alte Menschen

Urwissen / Soziale Manieren (Caritas Deutschland) Obdachlosigkeit

Achten statt ächten (Caritas Deutschland) Jugendliche

Armut kann man abschaffen (Caritas Österreich) Armut

Kälte ist kein Kinderspiel (Caritas Österreich) Nothilfe Osteuropa

Social Fighters

Was kann man tun, um im sozialen/diakonischen Bereich genügend Nachwuchs zu bekommen? Am Image dieses Berufsfeldes arbeiten, ist eine Antwort, auf die man gegenwärtig immer häufiger stößt. Die Diakonie hat zum Beispiel letztes Jahr Vidoes zu „Berufen in der Diakonie“ produzieren lassen.

Bei der Diskussion von Berufsbildern finde ich zwei Aspekte besonders interessant. Zum einen: Was für ein Berufs-„Bild“ liegt den Vorstellungen zugrunde? Von welchen Bildern, Images, Klischees oder Idealen lässt man sich selbst – bewusst oder unbewusst – leiten? Und die zweite Frage: Wie wird dabei mit weiblichen und männlichen Rollenbildern umgegangen? Das ist ja gerade für den sozialen Bereich eine spannende und nicht unwichtige Frage. Was wird also diesbezüglich bei sozialen Berufen kommuniziert?

Beim österreichischen Boys Day habe ich nun folgendes Video gefunden: Die Social Fighters. Okay, klingt etwas martialisch, aber ich finde das irgendwie gut. Schaut selbst:

Werbung und Kampagnen

Jeden Morgen geht’s mit dem ICE nach Hannover. Und fast jeden Morgen sehe ich eines dieser beiden Plakate.

Um mal ganz ehrlich zu sein: Ich möchte gar nicht so gern an die linke Dame denken. Nicht weil ich saure Drops nicht mag (und sie davon gleich mehrere im Mund hat), sondern weil ich einfach nicht gern an Leute denke, die mich mit einem Vorwurf garniert zum an sie denken auffordern.Und wie gehe ich mit dem Appell der rechten Dame um? So schnell geht das mit Freundschaften nicht. Während die erste Dame vorwurfsvoll dreinschaut, blickt mich die zweite devot an. Die Intention ist bei beiden Plakaten billig: Ich soll mich betroffen fühlen. Auch der Slogan „Menschlichkeit braucht Unterstützung“ ist weitestgehend gehaltfrei.

Ich will auf Plakaten nicht immer lustige Leute sehen und es müssen auch nicht immer positive Botschaften sein. Aber vielleicht ist das auch gar keine richtige Kampagne. Vielleicht ist das schlicht und einfach „Werbung“: „Die Diakonie kümmert sich um Alte und Behinderte – bitte spenden Sie hier: …“

Auch die Caritas hat Flächen im ICE gebucht. Einige Zeit vor den Diakonie-Plakaten entdeckte ich zwei Caritas-Kampagnen: Zuerst „achten statt ächten“, dann „Soziale Manieren“. Und jetzt habe ich gemerkt: Die Caritas macht Kampagnen (zu gesellschaftlichen Themen). Die Diakonie macht Werbung (für ihre Arbeitsbereiche).

edit 2011-11-27: Nach dem Relaunch der Caritas-Seiten Link aktualisiert…

Make Mantra!

Ich mag Leitbilder nicht. Und das ist fast noch untertrieben. Natürlich ist mir klar, dass Leitbilder bewusst normativ sind, dass sie eben nicht die Wirklichkeit beschreiben, sondern ein andere, eine gewünschte, eine zukünftige Wirklichkeit. Aber müssen deshalb Leitbilder und mission statements immer so schrecklich… leitbildhaft sein? Man merkt, dass Leitbildschöpfung in der Regel den Apologetikabteilungen der diakonischen Unternehmen entspringt.

Das Problem bei Leitbildern in der Diakonie ist, dass sie einerseits oft lasch formuliert sind, so dass jeder zustimmen kann – und damit ist jede scharfe Spitze abgebrochen, sie sind letztlich ein stumpfes Schwert. Hejo Manderscheid hat einmal gesagt, Leitbilder kranken daran, dass sie „hoffnungslos richtig“ seien. Und andererseits wirken sie oft überzogen, ohne Kontakt zur Realität des diakonischen Alltags. Der formulierte Anspruch ist kaum erfüllbar – aber die Mitarbeiter möchten ihn meist doch irgendwie erfüllen. Denn sie trifft ja genau diese Sehnsucht des Leitbildes. Gleichzeitig wird immer wieder erlebt, dass Leitbilder als Marketinginstrument, als Identifikationsinstrument oder als Belehrungsinstrument eingesetzt werden. Ich habe mich also entschlossen, nicht viel Leitbildern zu halten und fahre recht gut damit.

Vor einiger Zeit stieß ich nun auf ein Video von Guy Kawasaki. Guy Kawasaki war bei Apple chief evangelist, so eine Mischung aus Vordenker, Sprachrohr und Kommunikator. Guy Kawasaki hält einen ca. 40-minütigen Vortrag vor jungen Unternehmensgründern und gibt sein Erfahrungswissen in geballter Form wieder: Alles worauf man achten muss, wenn man unternehmerisch tätig sein will. Er verdichtet das Ganze zu 10 einfachen Regeln und powerpointet sich recht charmant durch die 40 Minuten.

An zweiter Stelle (ab 6’20) gibt es dann einen Hinweis, der etwas mit Leitbildern zu tun hat. Auch er scheint Leitbilder nicht zu mögen. Und einem Seelenverwandten hört man natürlich gerne zu. Kawasaki unterscheidet zwischen einem Slogan für die Kunden (also nach außen gerichtet) und einem Mantra für die Mitarbeiter (also nach innen gerichtet). „Make Mantra!“ ist seine Aufforderung. Erschaffe ein Mantra.

Ein Mantra? Ich weiß wohl, was ein Mantra ist, aber dieser Begriff an dieser Stelle? Gerade weil dieses Wort für uns im christlichen Bereich so exotisch erscheint, horche ich auf. Wobei natürlich erwähnt werden muss, dass auch das Christentum Mantren kennt und betet (das Herzensgebet ist nichts anderes als ein Mantra). Und genau das ist es: Mantren werden gebetet. Das Credo des Unternehmens muss ich – als Mitarbeiter, nicht als Kunde! – beten können. Mantren müssen benennen, warum ich dort arbeite. Für die Mitarbeiter muss etwas anderes gelten als für die Kunden. Und noch eins ist wichtig: Mantren sind kurz. Guy Kawasaki empfiehlt maximal drei bis vier Wörter. Besser finde ich jedoch folgende Regel: maximal sieben Silben.

Mir fallen sofort zwei „Mantren“ aus dem Bereich der Diakonie ein. Das klassischste aller Diakonie-Mantren ist natürlich die Kurzform des Löhe-Zitats: Mein Lohn ist, dass ich [dienen] darf (6 bzw. 8 Silben). Und dies wurde ja auch tatsächlich gebetsmühlenartig von Diakonissen in der Mutterhaustradition rezitiert. Theologisch finde ich es allerdings problematisch.

Das zweite Mantra, gewiss auch nicht unproblematisch: Stark für andere (5 Silben). Mit einem etwas anderen Akzent als stark für andere wäre das Mantra der französischen Diakonie zu nennen: Une minorité pour les autres (fast schon zu lang, 9 Silben).

Im Nachkriegsdeutschland entstand das Evangelische Hilfswerk, dessen Gründer und Kopf Eugen Gerstenmaier die programmatische Formel „Wichern zwei“ ausgerufen hat. Damit war die gestaltende Liebe im Gegensatz zu Wicherns rettender Liebe gemeint. Beide Formeln könnten durchaus mantrafähig sein.

Im Moment entdecke ich in der Diakonie eine Menge hoffnungslos richtiger Leitbilder. Wäre ein Mantra nicht einmal eine gute Alternative zu einem Leitbild? Könnte man den Grund, hier zu arbeiten, sprachlich zu einem Mantra verdichten? Wie könnte es lauten?

Siehe auch meinen Beitrag Profil-Bild zu diesem Thema.