Seit dem ich vor zwei Jahren hier einmal der Frage nachgegangen in, ob es so etwas wie ein „diakonisches Liedgut“ gibt, suche ich weiter danach. Mir geht es dabei um Lieder, die einer diakonische Spiritualität Ausdruck verleihen. Und ehrlich gesagt: Meine Ausbeute ist eher gering.
Das liegt daran, dass ich an dieser Stelle sehr streng bin. Es gibt zwar eine Menge Lieder, die Diakonisches berühren. Aber etliche ergehen sich dann leider in Betroffenheitslyrik. Und es gibt viele Lieder, die mir einfach zu sehr gotthatalleliebunddiesonnescheintauchbaldwiederfürdich sind.
Singen kann eine sehr tiefe Wirkung haben. Denn das, was man singt – zumindest wenn man es oft singt – sickert in einen ein. Daher mache ich es mir schwer und suche nach den Perlen. Und hier sind nun drei weitere Lieder mit dem Prädikat „diakonisch wertvoll“: ein Bekanntes, eine Umdichtung, ein Neues.
Selig seid ihr
„Selig seid ihr“ ist ein alter Piet Janssens-Klassiker. Der Text ist von Friedrich Karl Barth und Peter Horst.
1. Selig seid ihr, wenn ihr einfach lebt.
Selig seid ihr, wenn ihr Lasten tragt.
Es ist ein diakonisches Programm: einfaches Leben, Lasten teilen, lieben, gütig sein, Leid wahrnehmen, bei der Wahrheit bleiben, Frieden machen und Unrecht spüren. Angelehnt ist der Text an die Seligpreisungen (Matthäus 5). Es findet sich im katholischen Gotteslob und in vielen Regionalteilen evangelischer Gesangbücher.
Ein bisschen stört mich das wiederkehrende „wenn“, denn es kann temporal oder konditional verstanden werden. Letzters fände ich theologisch nicht ganz passend. Man kann es umschiffen, indem man statt dem „wenn“ immer ein „die“ singt.
Von Gott will ich nicht lassen
Marita Lersner hat im Zusammenhang mit Christian Herwartz‘ Straßenexerzitien vier neue Strophen auf die Melodie von „Von Gott will ich nicht lassen“ gedichtet. Wenn ich es richtig sehe, wird zunächst die erste Strophe des Originals gesungen, dann schließen sich die neuen Strophen an. Hier ihre zweite Strophe:
2. Auf Gott will ich vertrauen,
weil er so menschlich ist.
Er will auf Menschen bauen,
die man sonst oft vergisst.
Für ihn sind Schiefe schön,
die Ausgegrenzten wichtig,
Und die Verwirrten richtig,
die Lahmen werden gehn.
Die Neudichtung beschreibt wie das Original unsere Gottergebenheit, allerdings nüchterner und (in meinen Augen) auch angemessener. Mir gefällt der Text sehr gut, die Kombination der ersten Strophe („führt mich durch alle Straßen“) mit den vier neuen finde ich gelungen.
Suchet das Beste, das Beste der Stadt
Bei Liedern, die bewusst als Diakonie-Songs geschrieben werden, bin ich ja immer recht skeptisch. Mir ist da bisher einfach noch nichts Gutes begegnet. Es gibt aber eine Ausnahme: „Suchet das Beste, das Beste der Stadt“. Das Lied war für mich eine Überraschungsentdeckung:
Suchet das Beste, das Beste der Stadt.
Aufmerksam fragt, was sie jetzt nötig hat.
Jeder Mensch zählt, denn Gott sieht jeden an.
Betet, das sein Geist die Stadt prägen kann.
Betet für Frieden. Gerechtigkeit liebt.
Lebt aus dem Geist, den uns Christus gibt.
Die einzelnen Strophen sind dann quasi die Vertonung des Leitbilds der Berliner Stadtmission. Natürlich gefällt mir, dass es eine Art „Gemeinwesendiakonie-Song“ ist. Bemerkenswert ist die Haltung gegenüber der Stadt: Einerseits fragen, was sie nötig hat, andererseits für sie beten. Konkrete Hilfen werden dann in den Strophen aufgezählt, aber der Refrain macht klar: die christlichen Grundtätigkeiten sind fragen und beten.
Musik und Text stammen von Gerold Vorländer, lange Jahre Kölner Pfarrer und jetzt in der Leitung der Berliner Stadtmission. Auf seinem Blog findet sich ein ein Ausschnitt aus der Notation. Ansonsten gibt es das Lied leider weder textlich noch akkustisch im Netz, einzige Möglichkeit ist der Kauf einer CD für wenig Geld – die aber anscheinend vergriffen ist.
tl;dr
Drei weitere Lieder, die ich allen ans Herz lege, die nach diakonischer Spiritualität in geistlichen Liedern suchen: Selig seid ihr; Von Gott will ich nicht lassen (in der Neudichtung von Marita Lersner); Suchet das Beste, das Beste der Stadt.