Soviel du brauchst

Die Losung für den nächsten Kirchentag – 2013 in Hamburg – steht fest:

Soviel du brauchst (2. Mose 16,18).

Wir befinden uns in der Exodus-Erzählung. Das Volk Israel ist aus Ägypten ausgezogen und leidet auf seiner Wanderung durch die Wüste große Not. Gott lässt Brot vom Himmel regnen – Manna – und die Leute sollen es einsammeln. Wer wenig gesammelt hat, hat dennoch nicht zu wenig, und wer viel gesammelt hat, hat dennoch nicht zu viel. Die Generalsekräterin Ellen Ueberschär betont zwei Seiten des soviel du brauchst. Zum einen: Es ist genügend da. Zum anderen: Verbrauche nur so viel, wie wirklich nötig ist (Pressemitteilung). Und damit hat diese wundervolle Geschichte vielfältige diakonische Anknüpfungspunkte.

Ich bin kein großer Freund davon, einige (wenige) biblische Geschichten als „typisch diakonische“ Geschichten darzustellen. In der Diakonie geschieht dies oft, Platz 1 belegt natürlich der Barmherzige Samariter (Lk 10), dicht gefolgt von Jesu Rede vom Weltgericht (Mt 25). Nichts gegen diese Bibelstellen (ganz im Gegenteil!), aber das sind für mich nicht die Diakonie-Bibelstellen, so als würde es eine Art „diakonisches Sondergut“ in der Bibel geben. Reizvoller und auch hilfreicher ist es, in der ganzen Breite der biblischen Überlieferung diakonische Momente zu entdecken. Eine Reduktion auf zwei, drei, vier Bibelstellen ist recht platt. Und allzu schnell schleicht sich dann auch noch in den Auslegungen ein appellierend-moralisierender Unterton ein (auch hierfür sind die beiden genannten Texte wieder sehr gute Beispiele). Nein, diakonisch relevant ist eine ganze Menge in der Bibel. Und die Bibelstelle, aus der das soviel du brauchst entnommen wurde, gehört dazu.

Dies ist eine von zahlreichen biblischen Geschichten, in denen es um Mangel und Fülle geht. Es ist ein wiederkehrendes biblisches Motiv: die Erfahrung von Mangel und die Hoffnung auf Fülle. Oder auch so herum: die Angst vor Mangel und die Erfahrung von Fülle. Dieses Motiv geht dabei weit über seine materiellen Dimensionen hinaus (auch wenn es natürlich in der materiellen Dimension als besonders erschütternd erlebt wird).

Ich bin mir nicht ganz sicher, aber aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass das biblische Mangel/Fülle-Motiv im diakonischen Bereich eher wenig aufgegriffen wird. Wie gehen wir mit den enstprechenden Erfahrungen, Ängsten und Hoffnungen um? Werden im diakonischen Handeln nicht viel mehr Energien verzehrt durch ein permanentes Abarbeiten am Mangel, als neue Energien geweckt durch die Hoffnung auf oder die Erfahrung von Fülle? Ist so ein Satz wie soviel du brauchst in der diakonischen Arbeit nicht eher eine Zumutung, etwas Zynisches? Wenn ich hierüber nachdenke, merke ich, was für eine wunderbare Losung dies ist. Die Diakonie kann hierzu auf vielfältige Art ihre Erfahrungen einbringen – und sich vom Mangel/Fülle-Motiv durchaus auch herausfordern lassen…

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