Hybrid-Reflexionen (Der Mythos vom Dritten Sektor, Teil 2)

Wenn man einfach behauptet, die Diakonie sei eine Drittsektor-Organisation, trägt dies nicht viel aus. Man behauptet es halt und je nach Standpunkt ist dies dann richtig oder falsch (wie im ersten Teil dieses Beitrags dargelegt, neige ich Letzterem zu). Ergiebiger ist die Sichtweise, dass diakonische Organisationen staatlich-marktlich-zivilgesellschaftliche Hybride sind, die zwischen diesen drei Handlungslogiken hin- und herschalten.

Ich stelle nun zwei kleine Reflexionsübungen vor, die sich bewährt haben. Die Grundthese ist: Jede diakonische Einrichtung ist eine Organisation, die aus einer Mischung von staatlichen, marktlichen und zivilgesellschaftlichen Handlungslogiken besteht. Die Anteile sind unterschiedlich ausgeprägt und können auch gleichzeitig wirksam sein. Es gibt kein Entweder/Oder, ebenso wenig gibt gegenseitigen Bedingungen oder Abhängigkeiten (eine stark marktwirtschaftliche geprägte Organisation muss nicht zwangsläufig schwach zivilgesellschaftlich orientiert sein).

Die erste Übung: S-M-Z-Regler. Das Charakteristische (und zugleich das Komplexe) einer diakonischen Einrichtung ist das jeweilige „Mischungsverhältnis“ dieser drei Logiken. Man kann sich dies sehr einfach mit dem Bild eines Mischpults oder eines Equalizers an einer HiFi-Anlage vorstellen. Es gibt drei Regler – S, M und Z – und die Stellung dieser Regler beschreibt – etwas salopp gesagt – wie diese Einrichtung in ihrem Inneren „tickt“.

Und dies ist auch schon die ganze Übung: Beschreibe anhand der drei Regler doch einmal eine Einrichtung, die du kennst – mische sozusagen die Einrichtung ab! Das Ganze aus dem Bauch heraus, es geht nicht um Korrektheit (die auch kaum möglich ist), sondern es geht darum, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie ausgeprägt bzw. wirkmächtig die drei Handlungslogiken sind. Der Wert dieser Übung liegt darin, die Einschätzungen mit anderen auszutauschen, also zu schauen, wie andere die Regler eingestellt haben. In der Regel ergeben sich in der folgenden Diskussion aufschlussreiche Beobachtungen zur eigenen Wahrnehmung, über Selbstbilder, Geschichte, Rahmenbedingungen, Abhängigkeiten und Zusammenhänge der diakonischen Einrichtung.

Am Ergiebigsten ist es, dies auf einzelne Arbeitsbereiche oder kleine Organisationseinheiten anzuwenden. Bei größeren Organisationseinheiten wird es schon schwieriger, ist aber für einen ersten Impuls auch gut möglich. Ich habe diese Methode einmal in einem Vortrag angewendet (siehe Foto), um zu verdeutlichen, dass die verschiedenen Diakonie-Typen wirklich sehr unterschiedlich „ticken“ – und daher unbedingt bei der Frage nach der diakonischen Identität zu unterscheiden sind. Die Idee mit den Reglern geht auf Helmut Wiesenthal zurück (er nutzt das Bild des Mischpults, beschreibt aber andere Regler; ab S. 13).

Die zweite Übung: S-M-Z-Matrix. Diese Übung ist recht ähnlich, nutzt aber anstelle der Regler eine Matrix. Die vier Dimensionen Identität/Selbstbild, Ziele, Ressourcen und Steuerung werden nun auf die drei Handlungslogiken S, M und Z hin abgeklopft. Durch die Unterscheidung dieser Dimensionen kommt man der Komplexität einer diakonischen Organsiation näher als in der ersten Übung. Die vier Dimensionen habe ich von Adalbert Evers übernommen (Literatur siehe im ersten Teil). Hier eine kleine Skizze:

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